VITUS Privatklinik

IRE NanoKnife Technik

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Das NanoKnife™-Verfahren

Die Irreversible Elektroporation (IRE)

Das NanoKnife™ Gewebeablationsverfahren ist eine neuartige Therapie, die Irreversible Elektroporation (IRE) verwendet, um Zellen zu zerstören. Das umgebende Gewebe wird dabei nicht verletzt. Prostatakrebs kann mit dieser Methode erstmals so behandelt werden, dass die Kontinenz erhalten bleibt und nur ein geringes Risiko für eine Impotenz entsteht. Außerdem hat das NanoKnife-Verfahren eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für Schmerzen oder Narbenbildung.

Hier bei VITUS sind wir stolz auf unsere Pionierarbeit, die wir mit dem NanoKnife-Verfahren geleistet haben. Wir gehören zu den weltweit führenden Experten im Einsatz von IRE in der Behandlung von Prostatakrebs.

Durch unsere enge Zusammenarbeit mit dem Erfinder der IRE für medizinische Zwecke, Prof. Boris Rubinsky von der Universität Berkeley in den USA, hatten wir die Möglichkeit, IRE in allen Stadien der Entwicklung, vom Labor über Tierversuche bis zur Anwendung am Menschen zu untersuchen und zu verstehen. Unsere Physiker und Ärzte gehören damit zu den Pionieren und weltweit führenden Experten für Elektroporationsverfahren – sowohl im wissenschaftlich-technischen Bereich als auch im klinischen Einsatz.

Wie funktioniert IRE?

Biophysik der
Irreversiblen
Elekroporation

Nicht-thermische Gewebeablation durch starke elektrische Pulse

Elektroporationsverfahren wurden schon um 1958 von Doevenspeck in Deutschland in der Lebensmittelindustrie eingesetzt1.

Setzt man Zellen starken elektrischen Feldern aus, bilden sich Poren (kleine Löcher in der Zellmembran), die die Zellmembran durchlöchern (Abbildung 3 und 4). Bei einer Irreversiblen Elektroporation schließen sich diese Poren nicht wieder. Dadurch wird die Zelle dysfunktional, wodurch sie die sogenannte Apoptose auslöst, einen „Selbstmordmechanismus“ der Zelle. Auch Nekrosemechanismen sind am Zelltod durch Irreversible Elektroporation beteiligt (siehe Abbildung 5).

Die elektrischen Felder werden durch sehr kurze, typischerweise 100 Mikrosekunden, also 0,0001 Sekunden lange elektrische Pulse erzeugt. Da die Wirkung der IRE auf Gewebe primär durch die elektrischen Pulse erzeugt wird und nicht durch Hitze, wie z.B. bei Radiofrequenzablation oder HiFU (High Energy Focussed Ultrasound) wurde die IRE zunächst auch non-thermal IRE (NTIRE) genannt. Während sich durch die kurze Dauer der elektrischen Pulse eine Erwärmung des Gewebes begrenzen kann, ist sie jedoch nicht weitgehend zu vermieden (siehe unten).

Abbildung 1: Auf der rechten Seite ist in Rot ein elektrischer Rechteckpuls von insgesamt 90 Mikro Sekunden Dauer und 350 V/cm Feldstärke dargestellt. Vor dem Anlegen des elektrischen Feldes weist die Zellmembran an jeder Stelle einen negativen Ladungsüberschuss im Inneren auf. Nach dem Anlegen des elektrischen Feldes findet in Phase 1 eine Polarisierung entlang des externen Feldes statt, mit einem verstärkten negativen Ladungsüberschuss im inneren der Zelle in Richtung des Pluspols des externen Feldes, und einem positiven Ladungsüberschuss im inneren der Zelle in Richtung des Minuspols des externen Feldes. In Phase zwei kommt es dann, ausgelöst durch die Einwirkung der positiven und negativen Ladungsverteilungen über die Zellmembran, zu einer Verformung der Lipiddoppelschicht der Zellmembran: Wassermoleküle dringen in die Membran ein; es beginnt eine Porenbildung. In Phase 3 stabilisiert sich die Pore und persistiert auch nach Abschalten des elektrischen Feldes.
Abbildung 2: Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Zellmembranen ohne (links) und mit Poren nach Elektroporation (rechts, Pfeile). Obwohl die Poren mit ca. 0,5 µm sehr klein im Vergleich zu einer Zelle sind (10 – 20 µm), können sie die lebenswichtigen Prozesse von Zellen derart stören, dass die Zellen absterben.
Abbildung 3: Das Grundprinzip der Irreversiblen Elektroporation (IRE): Zellen werden elektrischen Gleichstromfeldern ausgesetzt (links). Es bilden sich Poren in den Zellwänden, die die Homöostase der Zellen stören und/oder zu einer Schwellung der Zelle durch Ionenverschiebungen zwischen Intra- und Extrazellularraum führen (Mitte). Dadurch stirbt die Zelle (rechts), wobei sowohl die Apoptose, der programmierte Selbstmord der Zelle, als auch die Nekrose als Zerstörungsmechnismus eine Rolle spielt.

Selektive Zerstörung von Zellen

Erhalt der Gewebeinfrastruktur

Im Vergleich zu anderen, sogenannten thermischen Gewebeablationsverfahren, die Gewebe durch Hitze zerstören, insbesondere der häufig an der Leber genutzten Radiofrequenz (RF) und Mikrowellenablation und der im Bereich der Prostata eingesetzten HiFU (High Enerby Focussed Ultrasound) bietet die IRE eine Reihe von Vorteilen, die sie besonders geeignet für die Behandlung von Prostatakrebs macht.

Dazu gehört die Tatsache, daß IRE Zellen selektiv zerstört, während andere Gewebeanteile wie Fasern und interstitielle Matrix erhalten bleiben. Letztere werden durch Thermoablationsverfahren zerstört, was zu einer vollständigen Gewebesnekrose (Einschmelzung des Gewebes) führt. Durch den Erhalt der Gewebeinfrastruktur können bei einer IRE-Behandlung anatomische Strukturen wie Gefäße und Nerven, im Bereich der Prostata aber auch z.B. die Wand der Harnblase und der Blasenschließmuskel erhalten bleiben. Dies ist die Voraussetzung für die Vermeidung von Nebenwirkungen wie Impotent und Inkontinenz, die bei herkömmlichen Behandlungen der Prostata häufig sind.

IRE-Behandlung bei Prostatakrebs:

Mehr als nur Elektroporation

Abbildung 4 zeigt eine IRE-Behandlung der Prostata, wie sie sich im Ultraschall (US) darstellt. Die US-Sonde befindet sich im Rektum (Enddarm) und stellt die Prostata hier im Längsschnitt (Sagittalebene des Körpers) dar: Kopfwärts (kranial) ist links im Bild, fußwärts (kaudal) rechts im Bild, die Körpervorderseite ist oben. Abgebildet sind die Prostata und der Samenblasen (Stern) und ein Teil der Harnblase. Es sind zwei IRE-Elektroden zu sehen (Pfeile) die zunächst im kaudalen Abschnitt der Prostata, auch Apex genannt, platziert wurden.

Während der Applikation der IRE-Pulse kommt es zu Muskelkontraktionen, die als ruckartige Bewegungen der Prostata zu sehen sind.

Auffällig ist der dann stattfindende Verlust der Abbildung der Prostata im US. Durch die elektrischen Pulse kommt es zur Elektrolyse mit Gasbildung. Die Gasbläschen streuen und reflektieren den Ultraschall, so daß eine Abbildung der anatomischen Strukturen nicht mehr möglich ist.

Das Gas lagert sich zunächst in die Bindegewebe ein und wird nur langsam resorbiert. Dies erschwert die Umpositionierung der Elektroden, die für die Behandlung des kranialen Anteils der Prostata, auch Basis genannt, notwendig ist.

Abbildung 4

IRE ist mehr als nur
irreversible
Elektroporation:

Gasbildung weist auf Elektrolyse hin

Bei der irreversiblen Elektroporation werden wiederholt kurze elektrische Pulse von ca. 100 µsec Dauer und mit Spannungen bis 3000 V appliziert. Diese resultieren in entsprechenden Strömen von bis zu 50 A Stärke zwischen den IRE-Elektroden. Das Gewebe zum Großteil aus Wasser mit darin gelösten Salzen bestehen, führt dies zu Elektrolyse²,³. Diese Komponente der irreversiblen Elektroporation war zum Zeitpunkt der Einführung der IRE in den klinischen Betrieb noch nicht bekannt.

Thermische Aspekte der „nicht-thermischen“ IRE

Ein weiterer Aspekt, der bei IRE-Ablationen zu berücksichtigen ist, ist die joulesche Wärmeentwickung um die Elektroden. Diese Wärementwicklung ist durch den fließenden Strom bedingt und bei IRE-Anwendungen ebenso unvermeidbar wie die Elektrolyse, Die Wärmeentwickung ist proportional (Proportionalitätskonstante k) zum Quadrat des Stromes I, dem Widerstand des Gewebes R und der Einschaltzeit des Stromes t: H = k ∙ I2 ∙ R ∙ t.

Von uns durchgeführt Computersimulationen zeigen die Hitzeentwicklung um IRE-Elektroden (Abbildung X): Die linke Skala zeigt die Erwärmung in Grad Celsius, die rechte, farbige Skala den Grad (Prozentsatz) der thermischen Gewebeablation. 100%ige Gewebezerstörung durch Hitze wird in einem Kreis (zweidimensionale Simulation) mit eine Durchmesser von ca. 3,5 mm erreicht, partielle thermische Schädigung des Gewebes in einem Kreis mit 5 mm Durchmesser um die IRE-Elektrode.

Diese Effekte müssen bei einer IRE-Behandlung berücksichtigt werden, um Schäden durch Hitzeeinwirkung aber auch durch übermäßige Elektrolyse zu vermeiden. Beide Elemente sind geeignet, kritische anatomische Elemente wie den Blasenschließmuskel, die neurovaskulären Bündel und/oder die Wand des Enddarmes zu zerstören. Vielen IRE-Anwendern sind diese Zusammenhänge bis heute unbekannt.

Die Richtige klinische Anwendung

Die klinische Anwendung der IRE erfordert Verständnis der Physik des Verfahrens

IRE ist nicht nur irreversible Elektroporation sondern ein Zusammenspiel komplexer physikalischer Prozesse, die Elektrolyse und Hitzeentwicklung beinhalten. Diese über die Elektroporation hinausgehenden Effekte hängen bei Gewebeablationen mit einer größeren Anzahl von Elektroden neben der Gesamtzahl der applizierten elektrischen Pulse auch von ihrer zeitlichen Abfolge und von der Polung und Geometrie der Elektroden ab. Unkenntnis dieser Zusammenhänge kann zu Schäden an kritischen anatomischen Stukturen wie dem neurovaskulären Bündel, dem Enddarm und dem Blasensphinkter führen.

Während wir in der VITUS Privatklinik durch die enge Zusammenarbeit von Physikern und Ärzten diese unerwünschten Nebenwirkungen fast vollständig ausschließen konnten, zeigen die Veröffentlichungen aus anderen Institutionen, die IRE zur Behandlung von Prostatakrebs angewendet haben, daß die IRE in den falschen Händen erheblichen Schaden anrichten kann. Eine umfassende Ausbildung der Anwender, insbesondere bezüglich der technischen und physikalischen Aspekte der IRE, wäre daher wünschenswert. Die Abbildung stellt die verschiedenen physikalischen Effekte der IRE und ihre Zusammenwirkung dar.

Fundamentale physikalische und chemische Effekte der irreversiblen Elektroporation führen zu Elektrolyse mit zytotoxischen Molekülen und Gasbildung, die zur Schädigung empfindlicher anatomischer Strukturen bei der Behandlung von Patienten führen können, wenn sie nicht berücksichtig werden. Die Gasbildung erschwert oder verhindert die Sichtkontrolle der Elektrodenpositionen mittels Ultraschall und stellt damit einen zusätzlichen Risikofaktor dar, insbesondere bei unerfahrenen Anwendern.

Auch thermische Effekte, die zu einer „Verkochung“ der Gewebe in unmittelbarer Nähe der Elektroden führen können, sind bei der klinischen Anwendung der IRE zwingend zu berücksichtigen. Die Positionierung der Elektroden außerhalb der Prostata, wie dies bei der Platzierung mittels Brachytherapiegrid der Fall ist, führt damit zwangsläufig zur Zerstörung der neurovaskulären Bündel und daraus resultierender Erektionsstörungen.

Muskelkontraktionen sind ein weiteres Problem, auf das bei der klinischen Anwendung der IRE zu achten ist. Insbesondere bei der Verwendung eines Brachytherapiegrids zur Positionierung der Elektroden können die Muskelkontraktionen zu einer erheblichen Verschiebung der Elektroden um bis zu 1,5 cm führen, was zu einer Beschädigung des Blasenschließmuskels und anderer wichtiger anatomischer Strukturen führen kann.

Informationen zu IRE BEhandlungen

NanoKnife – IRE

IRE NanoKnife Technik

IRE/ECT bei Rezidiven nach OP

Andere Elektroporations
verfahren

Irreversible Elektroporation im Detail

IRE | ECT und Immunotherapie

Referenzen und Fußnoten
  1. H. Doevenspeck, "Influencing cells and cell walls by electrostatic impulses," Fleischwirtschaft, vol. 13, pp. 986-987, 1961
  2. Rubinsky B, Onik G, Mikus P. Irreversible electroporation: a new ablation modality – clinical implications. Technol Cancer Res Treat. 2007;6(1):37-48
  3. Onik G, Mikus P, Rubinsky B. Irreversible electroporation: implications for prostate cancer ablation. Technol Cancer Treat. 2007;6(4):295-300